Mit Achtsamkeit zu mehr Ruhe und besseren Beziehungen

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frau riecht an zitronenmelisse ©westend61

Produktiver und zufriedener Dank Achtsamkeit? Das geht. Was Achtsamkeit ist und wie du sie in kleinen Schritten in dein Leben integrierst. 

Was ist Achtsamkeit?

Du frühstückst, liest dabei die News und scannst die eingehenden Nachrichten auf dem Smartphone? Nachher wunderst du dich, dass das Essen schon leer isst und erinnerst dich vage daran, was du eigentlich gerade gelesen hast? Kommt dir bekannt vor? Das ist das Gegenteil von Achtsamkeit.

Achtsamkeit ist grob gesagt eine bestimmte Art des Bewusstseins oder der Aufmerksamkeit. Wer achtsam ist, ist ganz im hier und jetzt und nimmt seine Umwelt und sich selbst in Beziehung zu sich reflektiert und von einem Standpunkt innerer Ruhe wahr, ohne zu werten.

Es gibt keine eindeutige Definition des Achtsamkeitsbegriffs. Die bekannteste stammt von dem Biologen Jon Kabat Zinn, dem Gründer der mindfulness based stress reduction (MBSR) – Stressbewältigung durch Achtsamkeitstraining.

Jon Kabat Zinn definiert Achtsamkeit als Aufmerksamkeit, die gegenwärtig, absichtsvoll und nicht wertend ist. Heißt, deine Gedanken sind bei dem was gerade in dir und um dich herum passiert. Du nimmst aufmerksam wahr, was passiert, ohne es zu werten und die Geschehnisse zu labeln und agierst bewusst, statt einfach zu reagieren.

In diesem Bewusstseinszustand bist du vor allem. Achtsamkeitspraxis will Zustände nicht verändern, sondern einfach jeden Augenblick im Alltag mit all seinen inneren und äußeren Facetten wahrnehmen und dessen Gewahrsein.

Gewahrsein und Entscheidungsfreiheit vs. inneres Chaos und Autopilot

Achtsamkeit ist also das Gegenteil vom Autopiloten. Sie schafft Abstand, zwischen dir und deinen Gedanken. Statt Gedanken, Gewohnheiten und automatisierten Reaktionen das Steuer zu überlassen, handelst du bewusst auf der Basis deiner Erfahrung und Wahrnehmung des gegenwärtigen Moments.

Lesetipp: Gesunde Gewohnheiten bilden

Du reagierst nicht auf Autopilot, sondern agierst so, wie du es in diesem im Augenblick möchtest – schaffst dir einen Moment Bewusstsein zwischen Reiz und Reaktion, der dir den Raum verschafft, achtsam zu handeln. Diese Methode verbessert deine Beziehung zu dir selbst und deinen Mitmenschen, indem sie dir ermöglicht, empathischer und ohne Wertung zu handeln.

Tradition trifft Wissenschaft

Achtsamkeit ist kein modernes Phänomen. Das Satipatthana Sutta, die Lehrrede des Buddhas über die Grundlagen der Achtsamkeit, ist seit jeher Grundlage des Buddhismus. Sie gilt als wesentlicher Schritt auf dem Weg zu geistiger Gesundheit und Freiheit.

In der traditionellen chinesischen Medizin gehören Achtsamkeitspraktiken schon immer fest zur Behandlung bestimmter Krankheitsbilder dazu. Trotzdem brauchte es einige Jahrhunderte, bis auch die westliche Medizin und Psychologie die Erkenntnisse und Erfahrungen der östlichen Traditionen näher betrachteten.

Die Achtsamkeitsforschung in Deutschland begann mit dem Interesse der Psychoanalytiker, Anfang des 20. Jahrhunderts, wurde aber erst in den späten 1970er Jahren wirklich wissenschaftlich untersucht.

Da in klinischen Studien viele positive Wirkungen von Meditationen und erhöhter Achtsamkeit beobachtet wurden, bezahlen mittlerweile auch viele Krankenkassen Meditationen, MBSR-Kurse, Achtsamkeit-Apps und andere Angebote, die dir einen Weg zu mehr Ruhe und Zufriedenheit zeigen können.

Konzentration vs. Achtsamkeit – Wo ist der Unterschied?

Wenn du dich konzentrierst, richtest du deine Gedanken voll und ganz auf eine Sache und blendest alle anderen Themen aus. Achtsamkeit ist hingegen eine weitere Form des Bewusstseins.

Mann steht konzentriert vor einer Tafel mit Formeln
@Willie B. Thomas

Bei voller Konzentration kommst du auf eine Frage oder Aufgabe in einen Flow und vergisst alles um dich herum. Achtsamkeit ein weicherer Zustand der Aufmerksamkeit, der auch andere Eindrücke zulässt und sich nicht ausschließlich auf die Richtung deiner Gedanken, sondern auch auf deine Beziehung  zu deinen Gedanken und deiner Umwelt bezieht.

Warum Achtsamkeit? 7 Vorteile von Achtsamkeitsübungen

Achtsamkeit verschafft dir Selbstwirksamkeit. Statt von deinen Gedanken und Gefühlen überwältigt zu lassen, gibt Achtsamkeitstraining dir Werkzeuge an die Hand, die dich befähigen in deiner Mitte zu bleiben. Die Wirkung von Achtsamkeitstraining auf die Gesundheit ist in der Psychologie mittlerweile fest anerkannt.

#1 Achtsamkeit hilft dir Stress besser zu bewältigen

Wer achtsam ist, kann sich oft besser in den gegenwärtigen Moment zurückholen, statt sich von Gedanken verrückt machen zu lassen. Studien zufolge können Achtsamkeitstechniken die mentale Gesundheit zu verbessern. Auch körperliche Stresssymptome, die sich auf keine körperliche Ursache zurückführen lassen, können durch Achtsamkeit verbessert werden.5 Tipps für mehr Resilienz

#2 Achtsamkeit verbessert deinen Fokus und deine Leistung

Eine Minute Arbeiten, eine Minute Instagram, Kaffee wäre auch gut und Wäsche waschen musst du später auch? Diese Gedankenspiralen kommen dir bekannt vor? Inhalte mögen variieren, aber die meisten Menschen lassen sich gerne von Videos, Lebensumständen oder von den Herausforderungen des Alltags ablenken, statt sich auf das zu konzentrieren, was im Hier und Jetzt passiert.

Achtsamkeit unterstützt deinen Fokus, indem sie die Aufmerksamkeitsspanne verbessert, dich weniger leicht ablenkbar macht und dir die Kontrolle über deinen Geist zurückgibt.

#3 Achtsamkeitsübungen können dich empathischer machen

Achtsamkeit kann deine Wahrnehmungen verändern: statt blind auf das Verhalten deines Gegenübers zu reagieren oder dir ein spontanes Urteil zu fällen, lernst du ihn zu sehen, zu verstehen, dass er Gründe für sein Verhalten hat und zeigst Akzeptanz. Oder du hörst aufmerksamer zu und kannst dich besser in die Erfahrungen in deines Gegenübers hineinversetzen und das Erzählte besser nachempfinden.

#4 Achtsamkeit verbessert deine zwischenmenschlichen Beziehungen

Das klingt nach den Punkten 2 und 3 logisch, oder? Wenn du  empathischer und weniger reaktiv bist, zeigst du deinen Mitmenschen gegenüber automatisch mehr Akzeptanz und Verständnis.

#5  Achtsamkeit unterstützt das Immunsystem

Tägliche Achtsamkeitsmeditation kann Forschern der Universität Cleveland zufolge das Immunsysstem stärken. Bei Patienten die regelmäßig achtsamkeitsbasierte Meditationen durchführten ließen sich weniger entzündungsfördernde Stoffe messen, als in Kontrollgruppen.

#6  Achtsamkeitstraining kann bei Schlafstörungen helfen

Wer achtsam ist, schläft oft besser: tiefer und länger. Allerdings konnte bisher nicht nachgewiesen werden, dass Achtsamkeitsübungen oder Meditationen auch die Ursachen der Schlafstörungen beheben. Dennoch: Erholsamer Schlaf ist für Regeneration und Resilienz nicht wegzudenken.

Schlafende Frau
©Dmonkeybusinessimages

7 Tipps für erholsamen Schlaf

#7 Regelmäßige Achtsamkeitspraxis kann das Gehirn beeinflussen

Verschiedene Studien und Metaanalysen haben bei Probanden, die regelmäßig Achtsamkeitsübungen oder spezielle MSR-Kurse absolvierten, eine Vermehrung der grauen Substanz beobachtet. Graue Substanz ist ein Teil des Zentralen Nervensystems, das unter anderem an der Reizweiterleitung beteiligt ist.

Achtsamkeit lernen: 7 kleine Achtsamkeitsübungen für jeden Tag

Das Konzept der Achtsamkeit ist nichts, was du einmal lernst und einfach immer lebst. Nach Jon Kabat Zinn helfen dir bestimmte Übungen und Kurse, Achtsamkeit zu einem Teil deines Lebens zu machen.

Das A und O des Achtsamkeitstrainings heißt: Lass dich nicht frustrieren. Der Weg ist das Ziel. Jedes Mal, wenn du deinen Fokus im Alltag auf den Augenblick lenkst und die Erfahrung des vollen Gewahrseins machst, trainierst du Achtsamkeit. Wie ein Bizeps beim Bizepscurl. Nur im Kopf.

Achtsamkeitsübung Nr. 1: Sei dabei. Zu 100 %. Bei allem.

Fokussiere dich auf die kleinen Momente im Alltag und lasse normale Tätigkeiten zu deiner persönlichen Achtsamkeitsmeditation werden. Versuche nichts nebenbei zu machen. Wenn du Kaffee kochst, rieche ihn, fühle ihn und mache jeden Handgriff mit vollem Bewusstsein. Spüre die Dinge, die du anfasst und schaue, ob du dich mit einem Gefühl der Freude verbinden kannst.

Achtsamkeitsübung Nr. 2: Verbinde dich mit dem Augengenblick

Deine Gefühle überkommen dich und deine Gedanken machen mal wieder was sie wollen? Dann hol dich zurück aus dem Gedanken und Gefühlen ins Hier und Jetzt. Fasse etwas an und nimm wahr, wie es sich anfühlt.

Schließe die Augen und atme ein paar Mal tief durch. Diese kleine Achtsamkeitsmeditation löst zwar vielleicht dein Problem nicht, bewahrt dich aber davor alte Themen und potenzielle zukünftige Sorgen wieder und wieder zu erleben oder zu dramatisieren.

Achtsamkeitsübung Nr. 3: Nimm die kleinen Dinge wahr.

Auch diese Form der Achtsamkeitsmeditation ist dafür gedacht, dich ins Hier und Jetzt zu holen. Gleichzeitig ist sie das perfekte Training für eine weites und sanftes Konzept der Aufmerksamkeit.

Statt an das nächste To-do zu denken, nimm deine Umgebung wahr. Den Himmel, die Vögel, den Charakter deiner Umgebung. Welche Schönheit kannst du in den kleinen Dingen finden? Erlaube dir einen Moment das wirken zu lassen, zu lächeln, dich auf die kleinen schönen Dinge im Leben zu fokussieren und sie zu genießen.

Achtsamkeitsübung Nr. 4: Aktiviere alle Sinne

Diese Methode ist ein kleines Add-On zur Achtsamkeitsübung Nummer 3. Am besten gelingt es, die kleinen Dinge und ihre Wirkung auf dich wahrzunehmen, wenn du alle Sinne aktivierst: Wie riecht es um dich herum? Wie fühlt sich die Luft oder das was du berührst an?

Die ideale Testumgebung findest du beim Waldspaziergang. Immunbooster und mentale Auszeit inklusive.

Achtsamkeitsübung Nr. 5: Meditiere regelmäßig

Dafür musst du nicht jeden Tag 20 Minuten im Lotussitz auf einem Kissen sitzen und Räucherstäbchen anzünden. Schon je 3 Minuten Praxis morgens und abends helfen dir, deinen Alltag achtsam zu beginnen und ausklingen zu lassen.

Übrigens heißt Meditation nicht, dass du an nichts denken darfst. Die Kunst ist, die Gedanken wahrzunehmen, nicht zu werten und nicht mit ihnen zu interagieren.

junge frau sitzt auf dem boden und meditiert
©LightFieldStudios

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Achtsamkeitsübung Nr. 6: Übe Yoga

Im Yoga kombinierst du Atmung, Bewegung und Bewusstsein. Einerseits stimuliert die ruhige Atmung  den Parasympathikus, den Teil des zentralen Nervensystems, der für Regeneration zuständig ist. Andererseits hilft die Fokussierung auf die Bewegung dir, im Moment anzukommen. Wichtig: Finde den Stil, der zu dir passt.

Achtsamkeitsübung Nr. 7: Mache eine 30-Tage-Achtsamkeitschallenge

Gewohnheiten zu verändern und gesunde Gewohnheiten zu bilden kann herausfordernd sein. Fang deswegen klein an und versuche einen Monat lang jeden Tag eine kleine Phase der Achtsamkeit in deinen Alltag zu integrieren und sie so Teil deines Lebens werden zu lassen.

Unsere kostenlose PDF für deine Achtsamkeitsübung hilft dir, Schritt für Schritt mehr Achtsamkeit in deinen Alltag zu integrieren.Zur Achtsamkeitsübung

Fazit

  • Die Achtsamkeitspraxis hat ihre Wurzeln im Buddhismus und wurde dank der Arbeit des Pioniers Jon Kabat Zinn auch im Westen anerkannt.
  • Achtsamkeit kann mehr Ruhe und Freude in dein Leben bringen und die Qualität deiner Beziehungen verbessern.
  • Untersuchungen zeigen, dass eine Achtsamkeitspraxis sich positiv auf verschiedene Bereiche des Lebens auswirken kann.
  • Achtsamkeit etablierst du am besten, indem du sie jeden Tag praktizierst: in kleinen Momenten im täglichen Leben oder als spezielle Achtsamkeitsmeditation.
  • Achtsamkeit zu etablieren ist ein lebenslanges Training, in dem der Weg das Ziel ist.

Artikel-Quellen

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  • Fjorback LO, Arendt M, Ornbøl E, Fink P, Walach H. Mindfulness-based stress reduction and mindfulness-based cognitive therapy: a systematic review of randomized controlled trials. Acta Psychiatr Scand. 2011 Aug;124(2):102-19. doi: 10.1111/j.1600-0447.2011.01704.x. Epub 2011 Apr 28. PMID: 21534932.
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  • Kabat-Zinn, Jon: An outpatient program in behavioral medicine for chronic pain patients based on the practice of mindfulness meditation: Theoretical considerations and preliminary results, General Hospital Psychiatry, Volume 4, Issue 1,1982. Pages 33-47.
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  • Schmidt, Jacob (2020). 5 Einführung: Geschichte und Systematisierung. In: Jacob Schmidt (Eds.), Achtsamkeit als kulturelle Praxis (75-88). Bielefeld: transcript Verlag.
  • https://consultqd.clevelandclinic.org/evidence-based-mindfulness-what-science-tells-us-about-mindfulness-meditation-and-its-benefits/ (Stand 25.01.2020)

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